Du sammelst jeden Tag unzählige Erlebnisse, die die Grundlage für mitreißende Geschichten bilden können. Doch bist Du Dir der Kraft des Storytellings für Deine Business-Präsentationen bewusst? Vielleicht denkst Du ja, dass Geschichten etwas mit Fantasie zu tun haben, ans Bett von 5-Jährigen gehören, aber keinesfalls etwas in den Meetingräumen verloren haben, in denen Du überzeugen sollst. Tatsächlich reagieren wir auf Storytelling aber immer gleich positiv, egal, ob wir sie am Lagerfeuer oder als Konferenzteilnehmer hören. Präsentationen und Vorträge, die Storytelling enthalten, heben sich von staubtrockenen sachlichen Beiträgen ab und gewinnen immer den Publikumspreis.
Inhaltsverzeichnis
- Definition: Was ist Storytelling
- Welche Methoden und Narrative gibt es im Storytelling?
- Ein TED Talk als Beispiel für gelungenes Storytelling
- Storytelling lernen - 4 Tipps für Deine persönliche Geschichte
- Wo wird Storytelling eingesetzt?
- Exkurs: Was ist eigentlich datengetriebenes Storytelling?
- Visual Storytelling
- Meine Storytelling-Empfehlungen (Bücher, Podcasts)
Business Storytelling ist die Kunst, im Job Geschichten einzusetzen, um Inhalte zu transportieren und Komplexes verständlich zu machen. Mit Storytelling können wir Menschen in unserem geschäftlichen Umfeld von unseren Ideen überzeugen, wir können sie inspirieren und ihnen Dinge beibringen.
Ganz einfach:
Joseph John Campbell (1904-1987) ist der moderne Vater des Storytellings. Wir kennen das Format der Heldenreise als Plots aus Filmen wie Herr der Ringe. Allerdings hatte seine Strukturmethode 17 Steps, was etwas unhandlich ist.
Viel praktischer ist der Story Circle von Dan Harmon, weshalb ich diesen nutze, wenn ich mit meinen Kund*innen Stories erstelle. Es muss bei einer Story aber nicht immer der gesamte Story Circle sein. Jedoch gibt es einige Elemente, auf die wir beim Business Storytelling nicht verzichten können.
Jede Story braucht eine Heldin oder einen Helden:
In einer guten Geschichte erfahren wir direkt zu Beginn, um wen es geht. Idealerweise geht es um eine Person, ein Produkt, eine Firma oder ein Helden-Duo. Sicher erinnerst Du Dich an den Anfang von Hänsel und Gretel:
„Vor einem großen Walde wohnte ein armer Holzhacker mit seiner Frau und seinen zwei Kindern; das Bübchen hieß Hänsel und das Mädchen Gretel.“
(Quelle: https://www.grimmstories.com/language.php?grimm=015&l=en&r=de)
Wir erfahren schon im ersten Satz, um wen es in der Story geht. Und das ist gut so, denn wir wollen möglichst früh wissen, mit wem wir mitfiebern werden, wen es anzufeuern gilt und auf wen wir uns konzentrieren sollen.
Es gibt auch Stories, die nur einen Satz brauchen, um eine ganze Geschichte zu erzählen. Erinnerst Du Dich an “Kevin allein zu Haus”?
Deine Story könnte auch so beginnen:
„Es war einmal ein langweiliges Produkt namens XY. Wie aus dieser verkorksten Raupe ein Bestseller-Schmetterling wurde, davon werde ich Euch jetzt erzählen.“
„Vor 15 Jahren hatte ich so starke Redeangst, dass ich wegen einer anstehenden BWL-Präsentation fast mein Studium abgebrochen hätte.“ So steige ich öfter in Vorträge und Workshops ein.“
Lass Dein Publikum direkt zu Beginn wissen, wer der Held oder die Heldin in Deiner Story ist.
Brené Brown, eine der ganz großen Storytellerinnen dieser Zeit, begann ihren ersten TED Talk „The Power of Vulnerability“ (2010) mit diesen Worten:
„Vor ein paar Jahren rief mich eine Eventmanagerin an, denn ich sollte einen Vortrag halten. Sie rief mich an und sagte: „Ich habe Schwierigkeiten, wie ich über Sie auf dem Flyer schreiben soll." Ich dachte: „Okay. Wo ist das Problem?“ Sie sagte: „Ich habe einen Ihrer Vorträge gehört und denke, ich sollte Sie als Forscherin bezeichnen, aber ich fürchte, wenn ich Sie so nenne, wird niemand kommen. Sie werden denken, dass Sie langweilig und belanglos seien.“
(Quelle: https://www.ted.com/talks/brene_brown_on_vulnerability/transcript?language=en#t-7472)
Das Publikum lachte, das Eis war gebrochen. Bei Sekunde 37 hatte Brené das Publikum auf ihrer Seite.
Wie hat sie ihr Publikum erreicht? Mit einer Geschichte. Die 59.572.427 Views von Brenés TED Talk beweisen die Kraft einer guten Geschichte.
Ich kann Dir meine Geschichte so erzählen:
„Ich bin Präsentationstrainerin und Speaker Coach. Bevor ich mich selbstständig gemacht habe, habe ich 10 Jahre für ein akademisches Austauschprogramm gearbeitet und Studierenden beim Leben zwischen zwei Kulturen geholfen. Mit der Zeit wurde mir klar, dass mein Job zwar toll war, mich aber nicht erfüllte. Etwas fehlte. Zum einen wollte ich selbstbestimmter arbeiten und noch mehr Entscheidungen eigenständig treffen, als ich es als stellvertretende Programmleiterin konnte. Zum anderen wünschte ich mir eine inhaltliche Neupositionierung. Ich fragte mich: Welcher Weg ist der richtige für mich? In meinem ersten Studium habe ich Amerikanistik, BWL und Italianistik studiert. Neben allem, was mir daran Spaß machte und ich interessant fand, gab es eine Sache, die mir schlaflose Nächte bereitete: Präsentationen. Allein der Gedanke daran, vor Publikum sprechen zu müssen, ließ mein Herz vor Angst schnell schlagen und raubte mir den Atem …“
Oder so
„Vor 15 Jahren hatte ich so starke Redeangst, dass ich wegen einer anstehenden BWL-Präsentation fast mein Studium abgebrochen hätte.“
Welche Story packt Dich mehr?
Ich tippe auf die 2. Version. Liege ich richtig?
Bei Version 1 bekommst Du erst mal einige Informationen, die für Dich mehr oder weniger interessant sind. Wenn Du mich schon kennst oder ich einen ersten guten Eindruck bei Dir hinterlassen habe, steigt die Chance, dass Du mir bis zum spannenden Teil am Ende zuhörst. Das ist aber keine Garantie.
Wenn Du auf der Bühne stehst, kämpfst Du um die Aufmerksamkeit Deines Publikums!
Dein Publikum will nämlich unterhalten werden. Und wenn Du diesen Wunsch nicht erfüllst, sucht es sich die Unterhaltung ganz schnell woanders. Es schaltet einfach ab, checkt seine E-Mails oder klickt sich durch den aktuellen Social Media-Feed. Es macht alles, außer eins: Dir zuzuhören.
Damit Du die Aufmerksamkeit Deines Publikums bekommst und hältst, verrate ihm, dass Deine Präsentation spannend wird und es sich lohnt, zuzuhören.
Die Aufmerksamkeit Deines Publikums zu sichern, gehört übrigens zu Deinen wichtigsten Aufgaben am Anfang JEDER Präsentation. In meinem Blog-Beitrag
„5 Must-haves für Deine unvergessliche Präsentation – #2 Mach es wie James Bond: Starte Deine Präsentation mit Action!“
findest Du effektive Tools, mit denen Du Dir von Beginn an die Aufmerksamkeit Deines Publikums sicherst.
Vergleiche mal diese beiden Geschichten:
A. „Neulich kommt mir ein Kollege auf dem Flur entgegen und fragt mich, ob ich schon von diesem neuen IT-Tool gehört hätte, mit dem sich Termine viel einfacher planen lassen. Ich sagte zu ihm, dass ich nicht nur davon gehört habe, sondern es sogar schon als Test-Version ausprobiert habe und begeistert bin.“
B. „Neulich kommt mir mein Kollege Tim auf dem Flur entgegen und sagt zu mir: 'Mensch, Barbara, sag mal, hast Du auch schon von diesem neuen IT-Tool gehört, mit dem Termine viel einfacher planbar sein sollen?' und ich sage ich zu ihm: 'Ja, Tim. Ich hab’ sogar schon die Test-Version ausprobiert und ich bin echt begeistert!“
Bei welcher Version hast Du das Gefühl, mit uns beiden auf dem Flur zu stehen und Mäuschen zu spielen?
Nutze die Kraft von wörtlicher Rede, um Deine Stories live auf die Bühne zu bringen.
Nutze Namen und Personas:
Hast Du noch einen Unterschied zwischen Version A und B bemerkt? Richtig, bei Version B verrate ich Dir den Namen meines Kollegen. Wenn wir Namen einsetzen, hilft es unserem Publikum dabei, Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Die Geschichte wird persönlicher und erlebbarer. Dadurch können wir sie uns besser merken.
Wenn Du in Zukunft Geschichten beim Präsentieren erzählst, sag Deinem Publikum, wie die Akteure heißen.
„Neulich traf ich meine Nachbarin Frau Müller im Supermarkt.“, ist effektiver als „Neulich traf ich meine Nachbarin im Supermarkt.“
„Lara ist 27, sportlich, naturverbunden und liebt unseren Eco Sneaker.“ kommt besser beim Publikum an als „Unsere Zielgruppe für das neue Produkt ‘Eco Sneaker’ besteht aus 25 - 30-jährigen Frauen, die regelmäßig Sport treiben und umweltbewusst sind.“
PS: Wenn Du Dich nicht mehr an die genauen Namen der Personen erinnern kannst, sie gar nicht kennst, oder den Namen eines Produktes/Kunden nicht nennen darfst, werde kreativ und suche einen passenden Namen aus. Der Mehrwert kommt hier durch einen Namen, nicht DEN Namen.
E steht für Emotionen:
Beschreibe, wie sich Deine Helden fühlen. Gehe dabei genau auf ihre Gestik, Mimik und Körpersprache ein und stelle sie mit Deiner Körpersprache dar. Dein Held ist traurig? Beschreibe, wie sich die Trauer im Körper anfühlt und drücke das Gefühl von Traurigkeit mit Deiner eigenen Körpersprache aus.
D steht für Details:
Es hilft Deinem Publikum beim Vorstellen, wenn Du immer wieder genaue Beschreibungen gibst.
Wie sieht eine Person oder ein Ort aus?
Wie riecht es dort?
Wonach hat die Suppe geschmeckt, die Du auf Deiner Reise in Laos am Ankunftstag gegessen hast?
Beschreibe die Details Deinem Publikum.
A steht für Action:
Nach einer beschreibenden Phase in Deiner Story solltest Du Dein Publikum immer wieder mit Action-Phasen zum Dabeibleiben animieren. Dabei helfen Action-Ausdrücke wie „Und plötzlich“, „Aus dem Nichts“, „Und dann geschah etwas Unerwartetes“. Kombiniere diese Action-Ausdrücke mit Pausen und Du kannst Dir der ungeteilten Aufmerksamkeit Deines Publikums sicher sein.
Überall. Es gibt keine Situation im Geschäftsalltag, in der wir Storytelling nicht gewinnbringend einsetzen können.
Egal ob wir im Vorstellungsgespräch von uns überzeugen wollen, ob wir eine Gehaltsverhandlung durchführen oder neue Kunden und Kundinnen gewinnen wollen, wenn wir Storytelling einsetzen, holen wir uns die Aufmerksamkeit des Publikums und ziehen es in unseren Bann.
Besonders gerne wird Storytelling im Marketing eingesetzt. Erinnere dich mal an die letzte Werbung, die du im Fernsehen, im Radio oder online erlebt hast. Wenn sie gut war und du dich noch daran erinnern kannst, enthielt sie bestimmt eine Geschichte. Denk zum Beispiel an die Nutella Werbung oder den neusten Spot von Nike: die Produkte spielen immer eine Rolle, eingebettet in eine Familiengeschichte oder die Erlebnisse junger Menschen.
Social Media ist heute gar nicht mehr vorstellbar, ohne Storytelling. Bist du auf Instagram und schaust dir dort Stories an? Richtig: Stories. Sie geben uns einen Einblick in den Alltag, die Herausforderungen, Wünsche und Erfolge unserer Lieblingsinfluencer, unserer Heldinnen des Alltags.
„Menschen lieben Geschichten und Data Driven Storytelling hilft ihnen dabei, datengetriebene Sachverhalte und Analysen einfacher zu verstehen. Data Driven Storytelling ist der Marketingprozess, der Datenanalysen in eine einfache und allgemeinverständliche Sprache übersetzt, um Unternehmensaktionen und -entscheidungen zu erklären.“
Quelle: https://omr.com/de/daily/glossary/data-driven-storytelling/
Saßt Du schon mal in einem Meeting, in dem jemand aus der Finanzabteilung über KPIs (Key Performance Indicators, z. B. Absatzzahlen) oder andere Daten gesprochen hat und Du nichts verstanden hast? Datengetriebenes Storytelling hilft uns, genau diese wichtigen, aber komplexen Zahlenzusammenhänge zu verstehen. Hier hilft außerdem Visual Storytelling.
Visual Storytelling ist die bildliche Darstellung von Inhalten. Die Entscheidung, Bilder statt Text oder reine Daten zu verwenden ist deshalb klug, weil wir Bilder im Gehirn anders verarbeiten als Text. Text muss unser Gehirn erst übersetzen. Bildern kann es direkt einen Sinn hinzufügen. Stell Dir vor, Du liest das Wort „Birne“. Dein Gehirn muss also erst lesen und dann das Bild zu „Birne“ herauskramen. Wenn wir aber direkt eine Birne oder ein Foto einer Birne sehen, gelingt uns das Begreifen schneller und leichter. Und das mag unser Gehirn, weil es im Grunde ziemlich faul ist.
— Made to Stick: Why Some Ideas Survive and Others Die (2010), Chip Heath and Dan Heath.
— Storytelling: Strategien und Best Practices für PR und Marketing (2017), Petra Sammer.
— Storytelling: Mit Geschichten überzeugen (2015), Gregor Adamczyk.
— Tell Me! : Wie Sie mit Storytelling überzeugen (2017), Thomas Pyczak.
— Redefreude Podcast Folge 19: „So nutzt Du Storytelling, um Deine Botschaft in die Köpfe und Herzen Deines Publikums zu bekommen“
— Unlocking Us with Brené Brown auf Spotify
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